Nina Alice Bauregger ist die Geschäftsführerin der Austrian Leadership Academy, wo sie gemeinsam mit anderen Expert*innen Weiterentwicklungsangebote für Führungskräfte, Teams und Fachkräfte anbietet. Sie hat über 20 Jahre in großen Unternehmen gearbeitet und bringt viel Erfahrung als Führungskraft mit. Als Expertin für Organisations- und Personalentwicklung beschäftigt sich besonders mit den Themen Diversität und New Work.

 

Gibt es Female Leadership?

Gleich zu Beginn räumt die Expertin mit einem Vorurteil auf: Frauen wird oft nachgesagt, dass sie anders führen als Männer. Empathie ist beispielsweise eine Eigenschaft, die häufig Frauen zugesprochen wird. Dadurch werden sie nicht nur in gelernte Rollenbilder gedrängt, man nimmt auch Männern die Möglichkeit, diese Eigenschaft ebenfalls für sich zu beanspruchen. Beim „Female Leadership“ sollen keine Stereotype reproduziert, sondern vielmehr der Lead für die eigene Karriere, ein Team oder das eigene Leben übernommen werden. Das Ziel ist es, Seilschaften oder Stärke innerhalb einer Gruppe von Frauen zu bilden, um einander in der Karriere oder im Leben weiterzuhelfen.

 

Funktioniert wertorientiertes Führen in Krisen?

Beim Value-Based Leadership steht klar der Mensch im Fokus, beim klassischen Management-Ansatz hingegen der Prozess. Projektmanagement ist aber ein Paradebeispiel dafür, dass es beide Bereiche – Menschen und Prozesse – braucht. Häufig besteht die Annahme, dass beim kooperativen Value-Based Leadership keine Konsequenzen gezogen werden, wie man sie aus dem hierarchischen Management kennt. Das ist nicht der Fall, denn beim Leadership wird lediglich viel mehr Wert auf die Art und Weise gelegt, wie diese Konsequenzen implementiert und kommuniziert werden. Das Erreichen der Ziele ist beim wertorientierten Ansatz genauso wichtig, es wird jedoch durch eine intrinsische Motivation ermöglicht. Wertorientiertes Führen ist daher gerade in Krisenzeiten und bei Instabilität besonders wichtig, da es den Aufbau von Resilienz fördert. Eine starre Führung, die von oben nach unten diktiert, könnte zu weiteren Krisen führen.

 

Wie führen beim Thema New Work?

Leadership wird gerne als Lösung für den derzeit akuten Fachkräftemangel ausgelobt. Das kann es nur zum Teil. Geburtenschwache Jahrgänge beispielsweise lassen sich durch Leadership nicht beeinflussen. Das Bewusstsein und der Wunsch, anders geführt zu werden, haben sich in den letzten Jahren zunehmend ausgeprägt. Das ist laut Bauregger übrigens keine Generationenfrage. Schließlich wollen alle Menschen auf Augenhöhe geführt werden, die Möglichkeit zur Weiterbildung haben oder sich selbst einbringen können, anstatt nur Befehle auszuführen.

New Work bringt keine allgemeine Lösung für alle. Erst durch eine Stakeholder-Analyse werden die spezifischen Anforderungen im Unternehmen klar. Beispielsweise kann man keine 4-Tage-Woche einführen, wenn Lieferanten nur freitags zustellen können.  Daher muss man versuchen, gemeinsame Lösungen für alle zu finden, unabhängig von Generationen oder Personen. Start-ups tun sich hier oft leichter. Dass es aber auch bei großen Unternehmen möglich ist, veranschaulicht die Expertin am Beispiel von Patagonia. Alle Gewinne des nachhaltigen Outdoor Fashion Produzenten werden in eine gemeinnützige Stiftung übergeleitet, die Projekte zur Wiederherstellung der Natur unterstützen. Die Werte werden einerseits strategisch genutzt, andererseits zeigt es, wie man Mitarbeiter*innen zu Leistung motiviert. So dürfen die Mitarbeiter beispielsweise Surfen gehen, wenn sie Ausgleich brauchen, um wieder volle Leistung zu bringen.

 

Ist Leadership erlernbar?

Die gute Nachricht: ja. Man beginnt mit einer Selbstreflexion und überlegt, welche Werte einem wichtig sind. Auch gewisse Führungstechniken lassen sich aneignen. Im Projektmanagement ist Leadership ein Führungsansatz, der Menschen motivieren kann, etwas zu leisten und Dinge umzusetzen. Strukturierte Prozesse wie Milestones oder Stakeholder-Analyse sorgen für einen organisierten Prozess, das Leadership ist für die Initiierung dieser Prozesse zuständig. Beim Festlegen von Zielen und Finden von Lösungen werden durch Leadership, andere, diverse Ansichten in die Lösungsfindung miteinbaut, weil man eine kollaborative Lösungsfindung betreibt. Eine produktive Fehlerkultur ist ein wesentlicher Teil von Leadership, und das braucht es auch im Projektmanagement.

Für die Zukunft sieht Bauregger eine steigende Bedeutung von Leadership und der Prämisse „People over Process“, gerade in Hinblick auf die rasante Entwicklung bei den AI-Lösungen im Geschäftsbereich. Das gesamte Gespräch können Sie hier nachhören.

 

Ing. Alexander Vollnhofer, MSc, cPM

Ing. Alexander Vollnhofer, MSc, cPM leitet die pma Geschäftsstelle. Er hat seine Studienschwerpunkte Projektmanagement, IT und Sozialwissenschaft in Projekten für die öffentliche Verwaltung zum Einsatz gebracht. Besonderes Interesse hat der begeisterte Schifahrer an komplexen Entscheidungsprozessen und am Mentoring junger Projektmanager*innen entwickelt. Alexander Vollnhofer ist seit 2013 pma Mitglied und leitete 2017 die pma young crew, die pma Plattform für Einsteiger*innen im Projektmanagement. Seit 2018 ist er im pma Vorstand und als Geschäftsstellenleiter für pma tätig. Seine Zuständigkeit im Vorstand umfasst die Betreuung von pma young crew Aktivitäten und den Bereich Innovation.


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