Außerdem hat uns Martin Boyer aus seiner Erfahrung als Projektleiter etwas zum Projekt „Defalsif-AI“ erzählt. In diesem Projekt geht es darum, mittels KI-Werkzeugen die Glaubwürdigkeit von verschiedenen Medien, wie Texten, Sprachnachrichten, Bildern oder Videos zu überprüfen. So soll „Defalsif-AI“ auch mithelfen, demokratische Prozesse zu schützen. Im Projekt selbst wurde nämlich die Demokratie als schützenswerte kritische Infrastruktur definiert. Und manche der aktuell einsetzbaren KI-Technologien haben das Potential für starke Verunsicherung in demokratischen Prozessen zu sorgen.

 

Eine kurze Zeitreise der Desinformation

„Desinformation“ wird am AIT schon länger als sehr relevantes und brisantes Thema wahrgenommen. Seit 2018 gibt es am „Center for Digital Safety und Security“ mehrere Projekte, die sich damit beschäftigen. Das Schlüsselprojekt war aber „Defalsif-AI“. Der Projektname ist ein Akronym und steht für "Detektion von Desinformation mittels Artificial Intelligence". Projektziel war es, Benutzer*innen ein Werkzeug zu geben, mit dem man in wenigen Klicks digitale Inhalte aus dem Internet verifizieren kann. Tatsächlich liefert die Software Anhaltspunkte, anhand derer die Benutzer*innen entscheiden können, ob es sich um Desinformation handelt bzw. die Inhalte manipuliert wurden, oder nicht. Entwickelt wurde das Tool für und mit Nutzer*innen aus der öffentlichen Verwaltung oder Medienorganisationen. In aktuell laufenden Folgeprojekten werden weitere Anforderungen abgeholt und auf die Usability überprüft. Wichtigstes Kriterium bei der Weiterentwicklung ist die Zukunftssicherheit der Analysemethoden. Das bedeutet, das Analysetool muss regelmäßig nachgebessert werden können, denn auch die Fakes werden aufgrund der Weiterentwicklungen im KI-Bereich laufend besser.

 

Der Ablauf eines Forschungsprojektes

Boyer sprach in weiterer Folge darüber, wie bei ihm Forschungsprojekte ablaufen. Dieser Prozess ist aber nicht einfach generalisierbar und auf jedes Forschungsprojekt übertragbar. Das Ziel eines Forschungsprojektes ist immer, Wissen zu generieren. Der Kern der Aufgabe ist aber sehr unsicher. Boyer arbeitet deshalb mit einem iterativen Projektdesign in mehreren Phasen:

1. Phase „initiales Design“: Hier werden Anforderungen gesammelt, zum Beispiel, wie funktioniert eine digitale Verifikation?

2. Phase „iterative Konzeption“: Das Tool wird in dieser Phase bereits entwickelt und die verwendeten Analysemethoden erarbeitet. Für Partner im Projekt ist es aber noch nicht verfügbar. Erst am Ende dieser Phase gib es einen initialen Konzeptionsprototyp.

3. Phase „iterative Demonstration“: In dieser Phase ist das Tool schon für Partner nutzbar. Sie können es in der täglichen Arbeit verwenden und die Phase nutzen, um Feedback abzugeben.

4. Phase „Evaluierung“: In dieser Phase wird überprüft, ob Zielsetzung und Anforderungen erfüllt wurden.

 

Vor allem in der 2. Hälfte des Projekts wurde in Sprints, angelehnt an agile Projektmanagement-Methoden, die Weiterentwicklung des Tools vorangetrieben. Immer mit der Möglichkeit Feedback für Verbesserungen zu erhalten. Am Ende stand dann ein Entwicklungsstopp, wo evaluiert wurde, ob Anforderungen erfüllt wurden, oder ob man noch Verbesserungen vornehmen muss.

 

Was macht Forschungsprojekte so außergewöhnlich?

Die Besonderheit in Forschungsprojekten ist sicherlich die breite Anzahl an Stakeholdern. Häufig hat man mehrere Auftraggeber - einerseits den Geldgeber, von dem Forschungsgelder kommen, andererseits Auftraggeber die Inhalte fordern, beispielsweise Bedarfsträger, wie Sicherheitsministerium, Medienhäuser, uvm. Außerdem gibt es im vorliegenden Projekt noch die sogenannten GSK-Partner, die sich um geistes- und sozialwissenschaftliche Themen kümmern. Forschungsprojekte haben auch meistens ein Projekt-Konsortium. Dort werden die verschiedenen Stakeholder von Einzelpersonen repräsentiert, die jeweils die Interessen des Stakeholders vertreten.

Wichtigstes Erfolgskriterium in Forschungsprojekten ist sicherlich eine stetige Kommunikation und eine transparente Zuständigkeitsstruktur. Nur wenn alle Beteiligten wissen, an wen man sich mit Inputs und Fragestellungen wenden kann, können diese auch in das Projektergebnis einfließen. Vor allem in Forschungsprojekten ist es laut Boyer wichtig, Raum für Kreativität zu schaffen. Denn Innovation funktioniert nicht auf Knopfdruck, man braucht einerseits die nötigen Freiräume, andererseits aber eben die notwendige Struktur.

Die komplette Folge gibt es hier zum Nachhören!

Mag. Brigitte Schaden

Brigitte Schaden ist Präsidentin von Projekt Management Austria (pma). Die studierte Versicherungsmathematikerin und Betriebsinformatikerin ist Inhaberin von BSConsulting und als Managementberaterin, Coach, Wirtschaftsmediatorin, Lektorin, tätig. Außerdem ist Brigitte Schaden IPMA® Assessorin, Chair von GAPPS (Global Alliance for the Project Professions), IPMA® Honorary Fellow sowie Vortragende auf Konferenzen in Brasilien, China, Indien, Korea, Südafrika, Australien, Nepal, Panama und in ganz Europa. Die ehemalige IT-Leiterin, Projektmanagerin und -auftraggeberin sowie PMO-Leiterin war außerdem Vizepräsidentin, Präsidentin und Chair der International Project Management Association, Personalleiterin und Organisationsentwicklerin.


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