Seit 2022 werden alle Kassenrezepte in elektronischer Form, als e-Rezept, ausgestellt. Pro Monat werden österreichweit fünf bis sechs Millionen solcher Rezepte an Patient*innen ausgehändigt. Wie hat das in der Praxis geklappt und wie wird es von den Menschen in Österreich angenommen? Laut Projektleiterin Alexandra Bergmann funktioniert der Standardfall gut. Für den/die Otto-Normal-Verbraucher*in zählt der Erhalt der Medikamente, was im Hintergrund abläuft, ist egal.
Warum wurde der Prozess überhaupt digitalisiert?
Schlicht und einfach, um den involvierten Stakeholdern eine Menge an Zettelwirtschaft zu ersparen. Bisher sah der Prozess folgendermaßen aus: Nach der Untersuchung beim Arzt/ bei der Ärztin erhielt man als Patient*in eine Verschreibung für ein Rezept und einen Zettel, den man in der Apotheke gegen Medikamente eintauschen kann. Bei Kassenrezepten werden die Kosten für die Medikamente im Nachhinein zwischen der Apotheke und dem zuständigen Krankenversicherungsträger abgerechnet. Die Apotheken mussten dafür aber über den Zeitraum eines gesamten Monats hinweg alle Papierrezepte sammeln und dann an den Krankenversicherungsträger schicken. Erst dann erhielten sie eine Gutschrift über die ausgegebenen Medikamente. Mit der Digitalisierung dieses Prozesses fällt diese Zettelwirtschaft weg und alles wird im hochsicheren e-Card-Netz gespeichert und abgerechnet. Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung dieses Prozesses ist, dass man als Patient*in für das Rezept nicht mehr in die Ordination kommen muss – die Ausstellung ist auch telefonisch möglich. Darüber hinaus bringt es einen enormen Zeit- und Umweltvorteil.
Über das Projekt
Projektleiterin Alexandra Bergmann stieg bereits in ein laufendes Projekt ein. Es bestand von Beginn an eine Vereinbarung mit einer klaren Zielabstimmung zwischen den wichtigsten Stakeholdern, die Digitalisierung des Prozesses der Rezept-Ausstellung. Dieser gemeinsame Konsens war ein wichtiger Grundstein für die reibungslose Zusammenarbeit, regelmäßige Detailabstimmungen waren aber aufgrund der Vielzahl und Komplexität der Stakeholder (Ärzt*innen, Apotheken, Versicherte, Standeskammern, Software-Unternehmen) unabdingbar. Bereits getroffene Vereinbarungen mit einer Stakeholder-Gruppe dürften jeweils nicht zum Nachteil einer anderen Gruppe sein. Es gab ein eigenes Gremium, einen e-Rezept-Beirat, in dem alle im Projekt beteiligten Organisationen vertreten waren und die Möglichkeit hatten, regelmäßig ihr Feedback oder ihre Bedenken einzubringen. Das sorgte für ein starkes Miteinander im Projekt, auch wenn die Akteure sehr unterschiedliche Interessen hatten.
Der Projekt-Rollout wurde in einer Pilotregion in Kärnten im Sommer 2021, in Völkermarkt und Wolfsberg, gestartet. Die Auswahl fiel auf diese Region, weil dort besonders viele der ausgestellten Rezepte auch wieder in dieser Region eingelöst wurden und kaum Pendler*innen anzutreffen waren. Außerdem war auch die Akzeptanz der Apotheken dort besonders hoch: Alle Rezepte, die dort ausgestellt wurden, wurden auch als e-Rezepte eingelöst.
Eine besondere Herausforderung war, dass der Rollout des Projekts genau in die Zeit der Pandemie und der Lock-Downs gefallen ist. Das war eine große Herausforderung, weil die Kommunikation zu Beginn komplett umgestellt werden musste, brachte aber auch viele Chancen. So war im Vorfeld eine große Sorge die fehlende Akzeptanz für ein e-Rezept in der Bevölkerung. Hier hat die Pandemie große Hilfe geleistet, weil es dadurch sowieso eine Übergangslösung brauchte. Eindeutige Ansprechpartner*innen bei den jeweiligen Stakeholdern haben zu einer reibungslosen Kommunikation beigetragen, schwierig war aber, dass diese Personen nicht immer die Personen waren, die auch Entscheidungen getroffen haben.
Tipps von der Expertin
Als persönlichen Tipp für junge Projektmanagerinnen gab Alexandra Bergmann mit, dass man ohne Angst an neue Aufgaben herangehen soll. Man wächst an seinen Aufgaben, denn alles was man nicht kann, lernt man, indem man es macht oder sich Wissen dazu aneignet. Alles was man nicht lernen kann wie zum Beispiel programmieren oder technische Details kann man in Projekten gut an Expert*innen delegieren. Die komplette Folge können Sie hier nachhören!
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