Am 19. Mai ging es für Österreichs Projektmanagement-Community mit dem Bus gemeinsam nach Zwentendorf. Dort wartete auf die 50 Gäste eine Besichtigung des sichersten Kernkraftwerks der Welt.

 

Die Ausgangssituation

Das nie in Betrieb genommene Kernkraftwerk kann man gut und gerne als größte Investitionsruine Österreichs bezeichnen. Rund 5 Milliarden Schilling wurden 1969 in den Bau des Kraftwerks investiert, bevor dann bei einer Volksbefragung - übrigens die erste bundesweite überhaupt - eine sehr knappe Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen gegen die Inbetriebnahme stimmte.

Knapp ein Jahrzehnt hat man intern gehofft, dass man das Kraftwerk doch noch in Betrieb nehmen kann. So wurden alle heiklen Teile ordnungsgemäß konserviert und regelmäßig gewartet - eine weitere große, konstante Investition. Als sich dann aber nach und nach abzeichnete, dass die weitere Betreuung einfach nicht mehr rentabel ist, wurde begonnen das Kraftwerk als Ersatzteillager für andere, baugleiche Kernkraftwerke aus dem Ausland zu verwenden. 

 

Interessante Einblicke

Das AKW Zwentendorf liegt relativ günstig an der Donau und hätte dank alter Wassernutzungsrechte sogar direkt das Wasser der Donau zur Kühlung verwenden dürfen. Die freigesetzte Wärme, hätte allerdings bis 100m nach dem Kraftwerk katastrophale Auswirkungen auf das Leben in der Donau gehabt. Trotz Donaunähe war das Kraftwerk relativ gut vor Hochwasser geschützt, weil es leicht erhöht gebaut wurde. Beim Jahrhundert-Hochwasser von 2013 ragte es immerhin noch 23 cm über das Wasser heraus. Ein anderes Problem ist hingegen ungelöst geblieben - die Endlagerung der Brennelemente. Denn darüber hat man sich in Österreich nie Gedanken gemacht. Nachdem die Elemente nach der Nutzung noch mindestens 5 Jahre am Standort gekühlt werden müssten, hat man gedacht, dass sich dafür später noch Lösungen finden lassen.

Wäre es ans Netz gegangen, hätte das Kraftwerk rund 1,6 Millionen Haushalte in Österreich mit Strom versorgen können. Heute dient es hingegen als Schulungsort für Mitarbeiter*innen anderer Kraftwerke aus dem Ausland, weil man sich aufgrund der nicht vorhandenen Strahlung sehr gut in allen Bereichen des Kraftwerks bewegen kann. Außerdem kann man das Kraftwerk bzw. das Kraftwerksgelände als Location für Veranstaltungen buchen. Das haben zuletzt auch diverse Festivalbetreiber getan. Die Führungen durch das Kraftwerk stellen ein weiteres Standbein dar, um den Kraftwerksstandort in irgendeiner Art gewinnbringend zu nutzen. Zuletzt besuchten im Jahr 2019 ca. 15.000 Personen das stillgelegte Kernkraftwerk.

 

Volles Programm

Bei der Führung durch das Kraftwerk in zwei Gruppen wurden alle wichtigen Orte besichtigt:

- die Schaltzentrale, die eine direkte Telefonverbindung zum damaligen Kanzler Bruno Kreisky hatte,

- der Turbinenraum, wobei die Turbinen teilweise an andere Kraftwerke verkauft wurden,

- die Dekontaminationsschleuse für Mitarbeiter inkl. Werks(unter)wäsche - Frauen waren damals übrigens nicht vorgesehen für die Arbeit im Kraftwerk ,

- und natürlich das Herzstück, der äußere Kern des Reaktors. 

Beim anschließenden Networking auf der Terrasse und in den Räumlichkeiten des Kraftwerks konnten sich die Teilnehmer*innen noch über das Gesehene und Gehörte austauschen. Ein besonderes Highlight war das Molekularküchen-Buffet, bei dem man beispielsweise mit Stickstoff geeisten Kaiserschmarren (-170°C) testen konnte.