Klima- und Energieprojekte sind wesentlich für die Wirtschaft und die gesellschaftliche Entwicklung. Diese Projekte betreffen die Gesellschaft kollektiv. Wie aber läuft die Umsetzung von solchen Projekten ab? Spannende Einblicke in Projekt-Rollout und methodische Vorgehensweise gaben Co-Founder und Managing Partner Peter Hochleitner und Green-Tech Projektleiter Tiziano Alessandri von der one2zero GmbH.
Die Vortragenden stellten klar, dass es für Klimawende-Projekte eine klar erkennbare Notwendigkeit gibt. Wenn die Erderwärmung nicht begrenzt wird, sagen wissenschaftliche Prognosen voraus, dass bei 5 Grad Erwärmung im Jahr 2100 menschliches Leben auf dem Planeten Großteils unmöglich ist und nur 1 Milliarde Menschen überleben werden. Mit den aktuellen Maßnahmen wird Wien im Jahr 2100 durchschnittlich 6 Grad, Salzburg 4 Grad pro Jahr wärmer sein. Wir sehen also, dieses Ziel ist nicht verschiebbar.
Österreich quasi noch in den Kinderschuhen bei Klimaneutralität
Der Vortrag startete mit einer Veranschaulichung der Energiesituation in Österreich: Der Klimafahrplan sieht vor, dass früher oder später jedes private Häuserdach und jede Firma eine eigene Photovoltaik-Anlage (PV) hat. Selbst wenn das der Fall ist, wird das aber nur ca. 50-70% des notwendigen Ausbaus decken. CO2-Neutralität und Klimawende sind also keine Sprints, sondern ein Marathon. Und je früher wir damit starten, desto besser.
Die Klimawende betrifft aber nicht nur jeden einzelnen Menschen, sondern auch Unternehmen. So musste ein großer Automobilhersteller erst kürzlich 100 Millionen Euro Strafe bezahlen, weil er CO2-Ziele nicht einhalten konnte. Der Hersteller nahm das zum Anlass auch seine Zulieferer in die Verantwortung zu nehmen und die Lieferketten entsprechend anzupassen. Mit einem EU-Taxonomiepaket und CO2-Bepreisungen ist das Thema nun endgültig in der Wirtschaft angekommen. Der Druck auf Unternehmen wird immer größer, nicht nur für das Budget, sondern auch für das Image. Denn mittlerweile wird ca. ein Drittel des Markenwertes durch das Thema Nachhaltigkeit bestimmt. Vor 3-4 Jahren waren es ca. 10%, man schätzt, dass es in weiteren 3-4 Jahren 50% sind. Der Erfolg von Unternehmen hängt also klar von einer nachhaltigen Marktausrichtung ab. Auch der Blick in den Norden Europas zu Vorreitern beim Thema Klimaneutralität zeigt, dass wir in Österreich gerade erst begonnen haben, das Thema ernst zu nehmen.
Was können Unternehmen tun, um die Klimawende zu schaffen?
Laut Hochleitner müssen Unternehmen in Zukunft „Prosumer“ werden. Die Klima- und Energiewende passiert Großteils dezentral, in der Produktion oder auf dem Fabrikgelände. Unternehmen müssen diesen Weg also selbstständig gehen, aber mit Unterstützung von Partnern wie one2zero. Das passiert einerseits mit Beratung und andererseits auch mit der Umsetzung. Im Bereich Beratung beginnt die Customer Journey damit, Know-How aufzubauen, eine CO2-Roadmap, Energie-Effizienz- oder Nachhaltigkeits-Strategien zu erstellen oder überhaupt erst einmal den CO2-Fußabdruck zu berechnen. Bei der Umsetzung geht es darum, Dinge zu bauen: PV-Anlagen, E-Mobilitätslösungen, Speicher für Wärme- und Kälteversorgung und natürlich fallen auch das Monitoring, die digitale Vernetzung oder Wartungen dieser Geräte in diesen Bereich.
Die Klimawende muss man als Unternehmen sehen wie beispielsweise früher ein Digitalisierungsprojekt. Auch dafür waren die Ressourcen oft nicht im Haus und man hat sich externe Partner geholt. Auf Länderebene geht es dabei zum Beispiel auch um Energiegemeinschaften. Es kann nicht Sinn und Zweck sein, Strom durch ganz Europa zu transportieren, er sollte an dem Ort verbraucht werden, wo er produziert wird oder im besten Fall so sparsam wie möglich – energieeffizient – verbraucht werden. Seit kurzem ist auch die Absicherung von Energie ein großes Thema. Gerade dort, wo man mit Energie handelt, muss man vor dem Hintergrund aktueller Preise Sicherheiten schaffen. Auch das ist ein zukunftssicheres Geschäftsmodell.
Was hat das jetzt mit Projektmanagement zu tun?
Das erklärt Hochleitner mit dem Modell der „BANI-Welt“, dem Nachfolger der sogenannten VUKA-Welt. Das Akronym steht für "Brittle", "Anxious", "Non Linear" und "Incomprehensible". Kurz gesagt, wird die Welt noch agiler, schneller und dynamischer. Starke, verlässliche Systeme sind nicht mehr selbstverständlich (z.B.: Gasversorgung), Konsument*innen werden immer besorgter aufgrund auftretender Krisen (z.B.: Gruppierungen wie "Fridays For Future"), Lieferzeiten sind kaum noch vorhersehbar aufgrund der dynamischen Marktsituation (z.B.: Lieferzeiten E-Autos). All diese Faktoren gilt es als Projektmanager*in im Rollout von Energieprojekten zu berücksichtigen.
Bei one2zero selbst versucht man all dieser Dynamik mithilfe von bereits bewährten Methoden und Tools zu begegnen. Im Einzelnen ist davon vieles bekannt, die Summe oder Kombination der Methoden und Tools macht aber den Unterschied. Die Kernprojekte werden in zwei Geschäftsbereichen betreut: Consulting und Solutions. Solutions ist beispielsweise zuständig, wenn ein Kunde ein PV-Anlage benötigt, Consulting wird aktiv, wenn ein Kunde Beratung braucht, weil er klimaneutral werden möchte. Kunden werden in der Regel über längere Zeit betreut, meistens mindestens 5 Jahre, in einem System, das wie ein Rad immer zwischen Consulting und Solution wechselt und verhindern soll, dass die Unternehmen durch lange Pausen Zeit in der Umsetzung verlieren. Im Consulting-Bereich wird vor allem versucht die riesige Komplexität zu verringern auf die Kunden in diesem Bereich treffen.
Wie arbeitet man in so einem dynamischen Arbeitsumfeld?
one2zero kann all die involvierten Teilbereiche gar nicht abdecken, man arbeitet aber mit über 30 externen Partnerfirmen (Monteure, Elektriker, Software-Programmierung, KI Systeme usw.) zusammen. Mit vielen dieser Partner wird auch an einem zentralen Ort, einem Start-Up-Hub gearbeitet, um oft kurzfristig anfallende Abstimmungen so schnell wie möglich zu erledigen.
Das Team selbst arbeitet Großteils aus dem Home Office und oft auch sehr dezentral, was den Vorteil hat, dass je nach Kundenstandort oder Baustelle auch andere Mitarbeiter*innen, die näher dran sind eine Begehung der Baustelle übernehmen können. Auch Elektromobilität bei den Mitarbeiter*innen ist ein großes Thema. Zur Strukturierung der Projekte wird eine cloudbasierte Projektmanagement-Software verwendet. Das erfordert natürlich die entsprechende Datenpflege, macht die Arbeit aber viel effizienter. Zusätzlich werden Projektteams mit regelmäßigen Online-Meetings, Team Jour-Fixes und OKRs (Objectives & Key Results) auf den neuesten Stand gebracht. Diese Arbeitsweise funktioniert aber nur mit der richtigen Firmenkultur und dem richtigen Mindset: Mitarbeiter*innen haben quasi viele Freiheiten, können selbst bestimmen, wie und wann sie Kundenprojekte innerhalb der Fristen umsetzen. Dadurch können sie schnell auf veränderte Umstände reagieren, ohne zuerst langsame Management-Entscheidungen abzuwarten. Das sorgt auch intern für Motivation und wenig Mitarbeiterfluktuation. Ein wichtiges Learning aus dem letzten Jahr war es laut Alessandri, dass beispielsweise die Haftungsklauseln in den AGBs mittlerweile alle drei Monate angepasst werden, um auf Lieferausfälle oder Preisschwankungen reagieren zu können und Kundenprojekte trotzdem zufriedenstellend abschließen zu können.
Wie sieht die Zukunft aus?
Aktuell arbeitet man an vielen Projekten unterschiedlicher Größe: So wird für einen großen Lebensmittel-Diskonter ein Projekt für ein Photovoltaik Massen-Rollout abgeschlossen – 300 Filialdächer werden innerhalb von drei Jahren mit PV-Anlagen ausgestattet. Eine bekannte Drogeriemarktkette setzt verstärkt auf Nachhaltigkeit und wird beraten, wie sie ein Drittel ihrer eigenen Energieversorgung selbst übernehmen kann. Ein großer Automobilhersteller wird in Sachen E-Mobilitätslösungen unterstützt: Einerseits gibt es Beratung hinsichtlich der Ausstattung des Handelsnetzwerkes mit Ladestationen, als auch für den Bau von Ladestationen auf der Straße. Ein Projekt mit einem weiteren Kunden ist die Beratung zur sinnvollen Nutzung von versiegelten Flächen. In Frankreich und manchen deutschen Bundesländern gibt es gesetzliche Regelungen Carport-Dächer mit PV-Anlagen auszustatten. Das wird früher oder später auch in Österreich kommen. Ein weiterer Kunde, ein großer Energieversorger, versucht eine Standort-Dekarbonisierung – der Betriebsstandort inklusive Produktionshallen und Fuhrpark soll in zwei Jahren CO2-neutral sein. Und dann gibt es auch noch Kunden, die man mit einer Business-Model-Transformation berät. Ein österreichischer Gas- und Heizkesselhersteller erhält beispielsweise eine Strategie-Beratung, wohin man sich in Zukunft entwickeln könnte.
Ein sehr zukunftsträchtiges Thema ist laut Vortragenden auch das „Internet of Things“. Darunter versteht man, dass Hardware so mit Software kombiniert wird, dass mittels KI-Steuerung effizient gearbeitet wird. Die KI-Steuerung kann dann beispielsweise zum richtigen Zeitpunkt den Speicher mit eigenem PV-Strom befüllen, um vorzusorgen, diesen Strom bei hohen Preisen automatisch verkaufen, um einen Gewinn zu erzielen, oder bei niedrigen Preisen Strom zukaufen, um beispielsweise schwächere Monate auszugleichen.
Der Vortrag endet mit einem Plädoyer, dass die Projekte der Energiewende trotz aller Komplexität nicht verschiebbar sind und auch in Österreich in den nächsten Jahren viele Projektmanager*innen beschäftigen werden. Dafür sorgen alleine schon die immer strengeren gesetzlichen Vorlagen - national und auf EU-Ebene - die Energieeffizienz zum wirtschaftlichen Kernthema machen werden.
Die Gäste konnten den Abend noch beim gemeinsamen Networking ausklingen lassen, durch die Räumlichkeiten des österreichischen Café-Museums streifen und sich weitere Informationen zum Thema CO2-Einsparung von den Schautafeln der Wirtschaftskammer Österreich holen. Zum Bericht der WKO geht es hier.