Das 2. pma quarterly fand im Billrothhaus, dem Sitz der österreichischen Gesellschaft der Ärzte statt. Dort konnte Österreichs Projektmanagement-Community gemeinsam in psychologische Grundlagen eintauchen und sprichwörtlich in Sigmund Freuds Fußstapfen treten, war doch der österreichische Arzt und Psychoanalytiker im 19. Jahrhundert für die Gesellschaft der Ärzte öfter als Vortragender tätig. Der Kreis schließt sich mit der Vortragenden, Dr. Monika Spiegel, die neben ihrer internationalen Tätigkeit als Coach, Psychotherapeutin und Unternehmensberaterin auch eine eigene Praxis mit dem Arbeitsschwerpunkt "Psyche & Beruf" hat und Leiterin des Instituts für Psyche und Wirtschaft an der Sigmund Freud PrivatUniversität in Wien ist. 

 

Jede Menge Gesprächsstoff

Im Vortrag "Beziehungsmanagement auf Zeit" stellte die Vortragende in einem gemeinsamen Fachgespräch mit pma Geschäftsstellenleiter Alexander Vollnhofer die wichtigsten psychologischen Grundlagen vor, mit denen Projektleiter*innen in Projekten konfrontiert sein können. Es wurden Persönlichkeitstypologien besprochen und wie man mit diesen in Konfliktfällen am besten umgeht. Außerdem wurde die Entstehung, das Management bzw. die Lösung von Konflikten betrachtet, sowie die richtige Gesprächsführung und erläutert, warum man im Projektmanagement auch immer Beziehungsmanagement betreiben muss.

Warum soll also ein*e Projektmanager*in etwas über Persönlichkeitstypen oder verschiedene Charaktere wissen? Im Projektmanagement sollte man nicht nur wahrnehmen können, wie man selbst "tickt", sondern auch seine Projektteammitglieder richtig einordnen können, um mit den verschiedenen Typologien auch korrekt umzugehen. So sollte man beispielsweise mit detailorientierten Menschen nicht versuchen auf der Gefühlsebene zu diskutieren. Um Team-Persönlichkeiten zu klassifizieren, kann man sich am Riemann-Thomann-Modell orientieren. Idealerweise findet man sich dort selbst in der Mitte des "Fadenkreuzes" wieder. Auch zum Thema Teams und Gruppen gab die Vortragende wertvolle Tipps: So ist es beispielsweise ratsam, sich als Projektmanager*in in "Gruppenkompetenz" fortzubilden, weil man in Projekten viel in Teams und Gruppen arbeitet. Dafür ist es unter anderem gut zu wissen, dass Gruppen ab 14 Personen die Angewohnheit haben, sich in Untergruppen zu spalten, das muss man dann bei der Einteilung von Gruppen und Teams berücksichtigen.

 

Konflikte sind nicht immer offensichtlich

Hat man das Gefühl, dass ein Projekt stagniert, besteht meistens ein versteckter Konflikt. Diesen Konflikt gilt es in Team-Meetings herauszufinden und anzusprechen. Hier gibt es laut Expertin Monika Spiegel einen starken Generationenunterschied. Gerade junge Mitglieder der Generation Z wollen Team-Meetings so kurz wie möglich halten, lieber an Problemen arbeiten und sich nicht mit Diskussionen aufhalten. Ebenso wichtig ist aber, dass bei den Team-Meetings zur Konfliktlösung keine direkte Führungsperson involviert ist, um tatsächlich die Wahrheit hinter dem Konflikt zu erfahren.

Störungen haben immer Vorrang. Als Projektmanager*in muss man aber auch wissen, wie man sie behandelt. Im Idealfall kann man versuchen sie zu lösen. Man muss sich aber auch dessen bewusst sein, dass die Konfliktlösung mitunter einen Großteil der eigenen Ressourcen einnehmen kann, sodass man als Projektleiter*in eventuell gar keine projektrelevanten Aufgaben mehr erledigen kann und nur mehr Konfliktlösung betreibt. Manchmal kann es schon helfen, den Personen, die im Konflikt involviert sind, nur ein offenes Ohr zu schenken und zuzuhören. Je nach Persönlichkeitstyp kann die Konfliktlösung aber auch anders aussehen.

 

How to: Gesprächsführung 1x1

Wichtigste Grundhaltungen in der Gesprächsführung in Organisationen und im Geschäftsleben sind Empathie, Akzeptanz und Kongruenz. Empathisches Verhalten zeigt sich auch in der Körpersprache und -haltung: Sich dem Gegenüber entgegenlehnen und ein Gefühl der Wertschätzung durch Gesten wie Kopfnicken vermitteln, ist eine geeignete Geste. Das Akzeptieren der Meinung von Anderen bedeutet nicht, dass man sie auch selbst vertreten muss. Man sollte sie aber zumindest aufnehmen. Kongruenz bedeutet, dass Gesagtes mit den gesetzten Handlungen übereinstimmt. Wichtige Grundregeln, die man sich verinnerlichen kann, sind unter anderem das Gespräch positiv zu beginnen und zu enden, ein gemeinsames Ziel des Gesprächs festzulegen und Neutralität an den Tag zu legen.

 

Online-Teamentwicklung und -Recruiting

Wichtig im Online-Setting ist vor allem die Regelmäßigkeit: regelmäßige kurze Abstimmungen fördert das Teamgefüge, auch wenn es nur um informelle Themen geht. Die Psychologin gibt noch einen weiteren Tipp mit, der in Zeiten von Online-Recruiting und Onboarding besonders wichtig ist: "Die ersten 3 Minuten entscheiden alles." Meistens kann man sich auf sein Bauchgefühl verlassen, wenn einem jemand nach kurzer Zeit nicht sympathisch ist, dann wird sich das in den allermeisten Fällen auch nicht mehr ändern. Es sind trotz aller erforschten psychologischen Prozesse noch immer unbewusste Prozesse, die man schwer selbst steuern kann. 

 

Nach dem einstündigen Fachgespräch konnten die zahlreichen Gäste noch gemeinsam in gemütlicher Amtosphäre netzwerken und sich beim köstlichen Bio-Buffet sowie dem ein oder anderen Glas Wein über das Gehörte austauschen.

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