Rechtsfragen gehören zur Projektarbeit fast schon selbstverständlich dazu. Aber in welchen Situationen kann man als Projektleiter*in selbst einschätzen, ob man auf der rechtlich sicheren Seite ist, und wann ist es besser, Rechts-Experten und -Expertinnen zu befragen? Das haben wir in Folge #21 mit Kai Erenli besprochen. Er ist Jurist, Gamer, zertifizierter Projektmanager und leitet den Bachelorstudiengang “Interactive Media & Games Business“ an der Fachhochschule des Bfi Wien.
Welche rechtlichen Themen tangieren uns im Projektmanagement überhaupt?
Als Projektleiter*in gibt es viele Bereiche, wo man mit dem Recht und dessen Grenzen in Berührung kommt. Sei das nun Urheberrecht, Datenschutz oder auch das Vertragsrecht. Man stelle sich zum Beispiel vor: Es gibt eine Projektidee, die man in einer Präsentation im Unternehmen vorstellen möchte. Dafür nimmt man Fotos oder Videos aus dem Internet, um das Projekt greifbarer zu machen. Wir alle wissen, dass die Nutzung von fremden Bildern und Videos dem Urheberrecht unterliegt. Da es sich aber um eine ausschließlich interne Präsentation handelt, denkt sich die zukünftige Projektleitung nicht viel dabei und wählt die passendsten Werke aus, ohne sich Gedanken um die rechtliche Lage zu machen. Das ist bei einer ausschließlich firmeninternen Nutzung in der Regel auch kein Problem. Was aber, wenn die Präsentation vom Marketing auch für ein externes Publikum aufbereitet wird? Schnell verlieren sich Kommunikationswege und (nicht) eingeholte Rechte können gar nichr mehr nachvollzogen werden. In Europa gibt es darüber hinaus keine Fair-Use-Policy bei geschaffenen Werken, wie in den USA. Bei uns setzt man stattdessen beispielsweise auf freie Werksnutzung und Zitierfähigkeiten. Der Rechtsexperte rät hier im Zweifel jedenfalls dazu, eine*n Expert*in zu Rate zu ziehen.
Projektanfang: Was muss man vereinbaren, damit der Projektstart gut gelingt?
Erenli wirft ein, dass man grad beim Projektstart Jurist*innen oft etwas "ausklammert". Sie bremsen die Motivation für das Projekt nämlich meist etwas ein. Das ist aber genau der falsche Ansatz. Regeln wie Fristen, Kosten, Vertraulichkeitsregeln usw. sollten bei der Projektplanung von Anfang an auch von rechtlicher Seite mitgedacht werden. Dabei gilt es, die reale Welt in der Vertragswelt abzubilden. Eine Frage, die man sich hier beispielsweise stellen sollte, ist: Wer darf überhaupt Entscheidungen fällen? Danach können klare Strukturen, Kommunikationswege und Entscheidungsebenen eingeführt, abgebildet und an alle kommuniziert werden. Außerdem ist es wichtig, auch gleich über das Ende des Projekts zu sprechen. Gibt es mögliche Exit-Klauseln im Falle des Scheiterns eines Projekts? Wenn ja, könnte man diese auch festhalten, denn unter Umständen ist der Abbruch des Projekts auch ein Erfolg. Es ist immer besser das Risiko so gering wie möglich zu halten. Auch das Thema Vertraulichkeit hat im Vertragsrecht seine Daseinsberechtigung. So kann und sollte man bei sensiblen Projekten beispielsweise festhalten, dass Projektteam-Mitglieder nicht mit externen Personen über Projekte sprechen dürfen.
Das Totschlagargument "Datenschutz"
Das Thema Datenschutz ist seit der Einführung der DSGVO sehr viel prominenter. Erenli meint, dass es aber oft sehr zahnlos ist und als Totschlagargument genutzt wird, um "mühsame" Diskussionen vorzeitig zu beenden. Demnach sollte die Projektleitung dieses Argument auch gerne mal hinterfragen und schauen, ob es nicht doch Lösungen gibt. Wichtig beim Thema Datenschutz ist aber jedenfalls die Datenschutzfolgeabschätzung ("Privacy by Design") durch die Projektleitung: Hier geht es darum, sich anzuschauen, ob zum Beispiel die Datenspeicherung verhältnismäßig ist, ob die Transparenz der Datenspeicherung gewährleistet ist und wie das auch technisch überhaupt umsetzbar ist. Datenschutz sollte als integraler Bestandteil eines Projekts gesehen werden. Gerade ein transparenter Umgang mit diesem Thema verschafft Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit in das Projekt.
Wie verändert "Künstliche Intellingenz (KI)" unsere Projekte?
Durch den zunehmenden Grad an Digitalisierung - auch mittels KI - und die steigende Komplexität werden natürlich auch juristische Probleme immer komplexer. Die rechtlichen Konsequenzen für KI-Nutzung im Berufsalltag werden uns deshalb in Zukunft immer mehr beschäftigen, selbst wenn es nur um banale Tätigkeiten geht, wie eine KI zur Dokumentation von Meetings zu nutzen. Die Krux hierbei ist, dass man früher versucht hat, Verordnungen technologieneutral zu formulieren, weil man ja nicht wusste, was die Zukunft bringt. Das hat allerdings mittlerweile zur Folge, dass das Recht der Technik aktuell etwas hinterher läuft. Das ist insofern gefährlich, weil sich viele Dinge erst entwickeln und man abwarten muss, wie die Judikatur ausgelegt wird.
Immerhin einen konkreten Tipp hat Erenli für alle Projektleiter*innen: Jurist*innen können oft nur eine Orientierung anbieten. In vielen Fällen gibt es keine einfachen "Ja" oder "Nein" Antworten. Daher ist es umso wichtiger, die Probleme im Vorfel zu antizipieren und so genau wie möglich zu beschreiben. Wenn Sie nun neugierig geworden sind, können Sie das gesamte Gespräch noch einmal in der Podcast-Folge nachhören.
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