Auch wenn noch niemand voraussagen kann, wie die Welt des Jahres 2030 genau aussehen wird, ist eines schon sicher: Sie wird sich durch die digitale Transformation und neue Technologien ganz drastisch von der unterscheiden, in der wir heute leben. Eine professionelle Projektkultur wird entscheidend sein für das Projekt „Zukunft“

Projektmanager*innen sind routiniert im Umgang mit Unsicherheiten und gewohnt, flexibel und risikoaffin zu arbeiten. Sie sind geradezu prädestiniert, die neuen Anforderungen zu erfüllen, die mit Veränderungen verbunden sind. Mit Unsicherheiten umgehen müssen auch Führungskräfte in Linienfunktionen, ob sie das nun mögen oder nicht. Auch sie benötigen PM-Kompetenzen. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch beschleunigt. Denn die rigide Abgrenzung zwischen Linien- und Projektorganisation löst sich immer weiter auf. Bereits heute arbeitet rund eine Million Menschen in Österreich in Projekten. Tendenz weiter steigend. 

Projektmanager*innen tragen direkt zum Unternehmenserfolg bei, besonders in der Bewältigung von komplexen und erfolgskritischen Aufgabenstellungen. Oft ist nicht nur die Qualität der Managemententscheidungen Ausschlag gebend, sondern auch wie kompetent diese Entscheidungen umgesetzt werden. HR-Verantwortliche müssen also gut über das Wesen von Projekten und die benötigten Kompetenzen Bescheid wissen, um sicherzustellen, dass die Qualifikation der Projektleitung den Anforderungen des jeweiligen Projekts entspricht. Projektmanager*innen brauchen viele unterschiedliche Fähigkeiten und persönliche Eigenschaften, um erfolgreich arbeiten zu können. Neben technischen Kompetenzen, wie Projektplanung und -steuerung, geht es auch um soziale Kompetenzen, wie Führung, Kommunikation, Umgang mit Konflikten und Krisenbewältigung. Drittens braucht man Kontextkompetenzen, das bedeutet etwa, die Projektarbeit mit der Kultur und den Werten einer Organisation abzustimmen und Machtverhältnisse einschätzen zu können. Aber vor allem braucht es die nötige Flexibilität. Waren agile Projektmanagement-Methoden lange Zeit der Software-Entwicklung vorbehalten, findet Agilität mittlerweile in allen Bereichen Einzug. Um jedes Projekt so zu managen wie es zum Kontext passt, sind Projektmanager*innen notwendig, die wissen, wie viel Agilität im Projektdesign notwendig und sinnvoll ist.

 

Leadership gefragt

In vielen Unternehmen herrscht oft noch die Praxis Fachexpert*innen mit der Projektleitung zu betrauen. Projektmanager*innen sind aber in erster Linie führungsstarke und aktiv kommunizierende Persönlichkeiten. Sie achten auf die Einhaltung von Qualitäts-, Zeit- und Kostenzielen und koordinieren Teams und Stakeholder. Das ist ein Führungsjob mit anderen Kompetenz- und Verantwortungsschwerpunkten als sie viele Fachexpert*innen mitbringen. Das sollte sich dann auch im Anforderungsprofil von Jobausschreibungen niederschlagen. Als Social Skill wird meist „Teamfähigkeit“ verlangt. Aber die für Projektmanager*innen viel wichtigere Stärke ist Leadership! Denn: Ohne Führungsfähigkeiten steht man in der Projektleitung auf verlorenem Posten und wird Projekte nicht erfolgreich vorantreiben.

 

Sind HR-Manager*innen auch Projektmanager*innen?

Personalmanager*innen haben viele Projekte zu managen: die Entwicklung einer Arbeitgebermarke (Employer Branding), den Ausbau von Home Office Lösungen, Umstrukturierungen oder die Digitalisierung von Recruitingprozessen. HR-Projekte können schon mal die Unternehmenskultur völlig verändern und auch Widerstände von Mitarbeiter*innen hervorrufen, etwa wenn es um die Einführung von Remote- oder Co-Working geht. Umso wichtiger ist es, wenn hier bereits im Vorfeld Szenarien entwickelt und regelmäßig kurze Umfragen durchgeführt werden. Bewährt haben sich hier Sounding Boards, die die Stimmung früh einfangen können.

Dem Stakeholder-Management ganz generell kommt von Anfang an eine große Bedeutung zu. Die Bedürfnisse, Erwartungen und Interessen zu identifizieren ist alles andere als leicht. Meine Empfehlung ist, dafür ausreichend Zeit einzuplanen und eine Projektumweltanalyse durchführen. Sie bietet einen guten Überblick darüber, welche Personen und Institutionen einen Einfluss auf das Projekt haben, über deren Interessen und Erwartungen, und wo es mögliche Konfliktpotenziale gibt.

Zum Start eines HR-Projekts ist die Versuchung – und der Druck – meist groß, sofort inhaltlich loszulegen. Ohne eine gelungene Startphase kommt es aber oft zu unrealistischen Projektzielen, unklaren Rollendefinitionen und schlecht entwickelten Teams. Daher gilt auch hier: ausreichend Zeit einplanen, auf Kommunikation setzen und an einem „Big Project Picture“ arbeiten. So gelingt es, ein gemeinsames Projektverständnis zu entwickeln. Meine Empfehlung: Binden Sie von Anfang an interessierte Mitarbeiter*innen als Botschafter*innen für Ihr Projekt ein.

Wenn es dann in die Umsetzung geht, sollten Sie sich auch Gedanken gemacht haben, wie Sie methodisch vorgehen wollen (Wasserfall oder agil). Lassen sich Projektschritte vorausschaubar planen? Oder müssen Sie mit zum Teil großen Unsicherheiten rechnen? Ein agiler Projektmanagementzugang ist vor allem dann notwendig, wenn sich die Rahmenbedingungen für das Projekt rasch ändern können. Etwa wechselnde rechtliche Vorgaben, wie wir sie im Rahmen der Corona-Pandemie erlebt haben.

 

Den Erfolg des HR-Projekts messen

Ist Ihr HR-Projekt abgeschlossen, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Wurden die geplanten Ziele erreicht? Termine und Kosten eingehalten? Wie lief die Teamzusammenarbeit? Nutzen Sie dafür Reflexionsgespräche und Feedback-Bögen und dokumentieren Sie die Ergebnisse. Auf diese Weise sichern Sie wertvolle Erfahrungen für zukünftige Projekte. Noch ein Tipp: Ein erfolgreicher Abschluss gehört gefeiert. Neben offiziellen Dankesworten sollte auch ein emotionaler Abschluss Platz haben.

Sie sehen: Projektmanagement-Kompetenzen werden mehr und mehr zu einer Qualifikation, die jede*r braucht, absolut vergleichbar mit IT-Kenntnissen und Business Englisch – ein Basic Skill in jeder Organisation.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Fachzeitschrift personal manager.

Mag. Brigitte Schaden

Brigitte Schaden ist Präsidentin von Projekt Management Austria (pma). Die studierte Versicherungsmathematikerin und Betriebsinformatikerin ist Inhaberin von BSConsulting und als Managementberaterin, Coach, Wirtschaftsmediatorin, Lektorin, tätig. Außerdem ist Brigitte Schaden IPMA® Assessorin, Chair von GAPPS (Global Alliance for the Project Professions), IPMA® Honorary Fellow sowie Vortragende auf Konferenzen in Brasilien, China, Indien, Korea, Südafrika, Australien, Nepal, Panama und in ganz Europa. Die ehemalige IT-Leiterin, Projektmanagerin und -auftraggeberin sowie PMO-Leiterin war außerdem Vizepräsidentin, Präsidentin und Chair der International Project Management Association, Personalleiterin und Organisationsentwicklerin.


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