Gesprächspartner der Podcast-Folge #25 war Professor Helmut Habersack, Hauptverantwortlicher für das Projekt "Wasserbaulabor", das 2024 mit dem Project Excellence Award von Projekt Management Austria ausgezeichnet wurde. In diesem Blog-Beitrag gibt es die wichtigsten Take-Aways des Gesprächs.
Meilenstein der österreichischen Forschungslandschaft
Im Wasserbaulabor der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) forscht man unter anderem zu Flusssystemen und zum Verhalten von Flüssen bei Extremereignissen. Die Idee dazu kam Habersack, weil man in der Forschung immer wieder an die Grenzen des Erkenntnisgewinns bei Modellversuchen gestoßen ist. Die Experimente wurden bis dahin nämlich in kleinen Rinnen durchgeführt, anschließend wurden die Ergebnisse in Computersimulationen auf größere Modelle hochgerechnet. Flüsse verhalten sich allerdings nicht immer wie in Simulationen, also beschloss man in den Versuchsskalen größer zu werden. Professor Habersack hatte die Inspiration für das Wasserbaulabor während seiner Gastprofessur in den USA, wo man den Mississippi River durch ein Labor leitete, um sein Verhalten zu beobachten. Danach beschloss man in Österreich ein ähnliches Projekt umzusetzen.
Großer Erkenntnisgewinn
Die Forschungserkenntnisse des Labors betreffen beispielsweise Auswirkungen aufgrund von Klimaveränderungen, Hochwasser oder anderen Extremereignisse wie Dürre. Aber auch die Renaturierung von Flüssen ist ein Thema, genauso wie Energiegewinnung durch Wasserkraft, Transport oder Biodiversität in Flüssen. Auch das Hochwasser von 2024 wurde beispielsweise im Wasserbaulabor aufgearbeitet, mit dem Ziel zu erfahren, welche Maßnahmen man in Zukunft zum Hochwasser-Schutz - höhere Dämme, Verlagerung der Dämme, usw. - treffen kann.
Highlights aus dem Projekt
Professor Habersack spricht im Podcast auch über Highlights aus dem Projektmanagement – sowohl positive als auch kritische. Positiv hebt er unter anderem hervor, wie man mit einer guten Idee alle Stakeholder begeistern kann, bei einem derartigen Mega-Projekt an einem Strang zu ziehen. Sowohl Politik als auch Verwaltung waren sofort überzeugt von dem Projekt, die Wissenschaft war dem Ganzen übergeordnet und es gab keine parteipolitischen Motivationen. Kritische Punkte, die im Projekt immer wieder schwierig waren, stellten die vielen Genehmigungen dar, um überhaupt mit der Errichtung des Labors starten zu können. Auch hier war aber die Überzeugung von der Idee der Motor, der das Projekt vorantrieb. Ein solches Projekt braucht laut Habersack immer eine Galionsfigur, die für das Projekt brennt und die Stakeholder mit dieser Begeisterung anstecken kann.
Nachhaltigkeit auch im Bauprozess
Das Thema Nachhaltigkeit spielte auch im Prozess der Errichtung des Labors ein riesiges Thema. Man hatte bereits im Vorfeld des Baus an die Energiebilanz gedacht: Die Heizung wird durch Geothermie betrieben, es gibt einen Warm- und einen Kaltwasserspeicher, die beispielsweise über die Fußbodenheizung im Sommer den Boden kühlen bzw. im Winter heizen. Eine integrierte Photovoltaikanlage produziert mehr Strom als im Wasserlabor gebraucht wird, die Wasserkraftanlage wird auch für Versuche eingesetzt. In der Errichtung wurden bestehende Gebäude genutzt, so wurde zum Beispiel ein Gebäude der MA48 umgebaut und sinnvoll nachgenutzt.
Finanzierung durch nationale und EU-Mittel
Das Projekt finanzierte sich aus öffentlichen Geldern der Stadt Wien, des Landes Niederösterreich und der EU. Auch hier galt es die unterschiedlichen Interessen aller involvierten Stakeholder zu berücksichtigen. Es gab im Vorfeld sehr viele Gespräche auf Verwaltungsebene über die Co-Finanzierung. Um überhaupt EU-Mittel beantragen zu können, braucht man nationale Mittel – diese wurden von vier Ministerien bzw. zwei Bundesländern zur Verfügung gestellt.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Vielfalt und Komplexität standen auch im Projektteam an der Tagesordnung. Viele Expert*innen unterschiedlicher Fachbereiche arbeiteten in diesem Projekt zusammen. Die Verantwortung wurde beispielsweise in zwei Gruppen geteilt: Gruppe 1 war für die technischen Details, die Planung und den Inhalt verantwortlich, Gruppe 2 für die Organisation auf EU-Ebene. Jede Gruppe hatte eine Ansprechperson, die für die Koordination verantwortlich war, Professor Habersack stellte das Bindeglied dar und war in Tätigkeiten wie die Beantragung der EU-Fördergelder involviert. Bei der Errichtung wurde zum Beispiel von Architektenseite für jeden Raum des Labors ein*e Verantwortliche*r benannt. Mittlerweile besteht das Team aus 80 Personen unterschiedlichen Alters, die alle gut zusammenarbeiten.
Besonders stolz ist Professor Habersack darauf, dass das Wasserbaulabor wissenschaftliche Forschung und praktischen Nutzen perfekt zusammenbringt. Seine größte persönliche Lesson Learned ist es, die Begeisterung für ein Projekt zu nutzen, um Probleme zu meistern – das kann man sich seiner Meinung für alle großen Projekte abschauen. Die vollständige Podcast-Folge können Sie hier nachhören.



